Die zur Wahrheit ziehen, ziehen allein. {nach Christian Morgenstern}
Wildfarben
Der Goldhamster ist ein Tier der fruchtbaren steppenartig offenen Landschaft. Dort lebt er bevorzugt in den wasserhungrigen Kulturen mit Getreide, Erbsen, Linsen, Melonen, Gurken usw. Wegen des sommer-trockenen Kontinentalklimas müssen diese Felder aufwendig bewässert werden. Er lebt nicht in Halbwüsten oder Steinsteppen, wie in der (Hobby)-Literatur oft behauptet wird.
Goldhamster sind Einzelgänger, die außer zur Paarung, in ihren Bauen und Revieren alleine leben. Finden Revierbesitzer Baue fremder Goldhamster in ihrem Revier, so plündern sie diese Baue, tragen also den Vorrat in den eigenen Bau ein und zerstören daraufhin gezielt die Fremdbaue, indem sie mit den Vorderpfoten Erde unter den Bauch schieben und diese mit den Hinterpfoten nach hinten schieben. Auf diese Weise transportieren sie Erde in die Fremdbaue und verfüllen deren Kammern und Gänge.
Begegnen sich Goldhamster im freien Feld, so gehen sie sich aus dem Weg oder es gibt Streit. Die Weibchen leben mit ihren Jungen im Bau bis der Nachwuchs ca. 4 Wochen alt ist. Aber nicht die Jungen verlassen den Bau zu dieser Zeit, sondern die Mutter überlässt den Bau samt Vorrat ihren Jungen und gräbt sich selbst anderswo einen neuen. Die Aktivitätszeit der wild lebenden Goldhamster beginnt morgens mit der Dämmerung mit einem Höhepunkt um 8:00h und endet um rund 10:00h. Die heißen Mittagsstunden verbringt er dann in seinem Bau. AB 15:00h bis 16:00h wird er dann wieder aktiv mit einem Höhepunkt um 18:00h rum. In der Abenddämmerung fällt dann seine Aktivität wieder ab, bis er gegen 20:00h bis 21:00h wieder im Bau verschwunden ist und dort die gesamten Nacht verbringt1. Der Goldhamster ist also nicht wie in der Hobbyliteratur typischerweise angegeben nachtaktiv, sondern im Gegenteil ist er eigentlich ein tagaktives Tier, ein Tier, welches natürlicherweise ausschließlich während der Tageslichtstunden aktiv ist. In der Nacht und in der Mittagszeit findet keine Aktivität statt.Der Bau des Goldhamsters ist verglichen mit dem europäischen Feldhamster einfach strukturiert. Er wird in tiefgründig lehmigem Boden angelegt und die flachsten haben eine Tiefe von rund 40cm während die tiefsten bis ca. 1m Tiefe ausgemessen wurden. Im Mittel sind die Baue 60cm bis 80cm tief. Alle Baue haben einen einzigen Ein- bzw. Ausgang, welcher als Fallröhre mit einem Durchmesse von rund 5cm gestaltet ist. Diese Fallröhre führt 18cm bis 45cm senkrecht in die Tiefe und mündet über einen leicht schräg weiter in die Tiefe führenden Gang direkt in die Nestkammer. Die Mittlere Länge des vollständigen Gangsystems beträgt 2m und kann sich in Extremfällen bis zu einer Länge von 9m ausdehnen. Außer der Nestkammer besitzt der Bau noch wenigstens eine Vorratskammer. Die Nestkammer selbst misst zwischen 10cm und 20cm im Durchmesser und befindet sich typischerweise in einer Tiefe von rund 60cm. Sie enthält ein kugeliges Nest, welches aus trockenem Pflanzenmaterial erstellt ist. Von der Nestkammer führen wenigstens 2 Tunnel fort. Einer davon ist als blinder Tunnel (Sackgasse) ausgelegt und dient als Urinat. Die anderen Tunnel führen weiter in die Tiefe und zumeist zu Vorratskammern.
Ein bewohnter Bau ist normalerweise durch einen Erdpfropfen in der Fallröhre bei einer Tiefe von etwa 22cm zu erkennen.Die zur Wahrheit ziehen, ziehen allein. {nach Christian Morgenstern}
Kommentare
Goldhamster: Heimtier-Population
Alle Goldhamster, die sich als Haustiere etabliert haben, entstamme genau einem einzigen Weibchen, welches selbst vorher verstarb aber bereits Nachwuchs hatte.
5 der Jungtiere ertranken bei einem Ausbruch aus dem Käfig in einem Swimmingpool, so dass nur 3.1 der Jungtiere übrig blieben.
Aus dieser Geschwisterverpaarung entwickelte sich ursprünglich die weltweite Haustierpopulation des Goldhamsters.
Da ein einziges Tier, das Elternweibchen, die Gründerin dieser Population ist und ein einzelnes Tier nicht mehr als 2 Allele pro Genort besitzen kann und das Gen im diploiden Chromosomensatz 2 mal vorkommt, ist so zwangsläufig auch die mittlere Allelzahl dieser Haustierpopulation auf maximal 2Allele*2 Haploide => 4 Allele festgelegt, wenn man davon ausgeht, dass das Wildweibchen die maximal mögliche Anzahl von Allelen in ihren Chromosomen besaß und die Nachkommen nicht aus einer Mehrfachbefruchtung durch verschieden Männchen entstanden sind.
Die Allelzahl der aktuellen Haustierpopulation, bzw. eigentlich genauer einer spezifischen Gruppe von Laborhamsterpopulationen wurde auf 2.5±0.3 festgestellt1. Damit liegt sie ( 2.5+0.3 =2.8 ) leicht unter dem idealen maximalen Startwert, was bedeutet, dass sie sich durch Mutationen oder evtl. späteren geringen Einkreuzungen von wenigen Wildfängen gegenüber der Startpopulation (1 Weibchen) bisher nicht vergrößern konnte.
Bei der extrem starken Populationsvergrößerung von 1 auf millionen Haustierhamster müsste man eigentlich eine deutlich größere Variabilität durch Mutatíonen erwarten2. Das der Allelzuwachs so gering ist müsste/könnte an der extremen Inzuchtpraxis zur Züchtung reinerbiger Farb- und Fell- Labormerkmalsvarianten liegen.
"70 Jahre Goldhamster in menschlicher Obhut – wie groß sind die Unterschiede zu seinen wildlebenden Verwandten?",
Tierlaboratorium, vol. 23, 2000.