Die zur Wahrheit ziehen, ziehen allein. {nach Christian Morgenstern}
Titel | Plädoyer für einen gehassten Neophyten: Staudenknöterich-Bestände Fallopia spp. als wichtiger Neststandort für Singvögel |
Medientyp | Journal Article |
Jahr der Veröffentlichung | 2019 |
Autoren | Hering, J. |
Journal | Vogelwarte - Zeitschrift für Vogelkunde |
Volume | 57 |
Startseite | 99 |
Veröffentlichungsdatum | 05/2019 |
Zusammenfassung | Die asiatischen Staudenknöteriche Fallopia japonica, F. sachalinensis und F. x bohemica werden in Deutschland und anderen europäischen Ländern als ernsthaft problematische, invasive Neophyten eingestuft. Neben zahlreichen Studien, die die negativen Auswirkungen auf einheimische Pflanzengesellschaften und wirbellose Tiere belegen, gibt es nur wenige Studien über die Auswirkungen exotischer Knöteriche auf Wirbeltiere. Nur zwei Arbeiten beschreiben Nestfunde in Staudenknöterichen. In den Jahren 2017 und 2018 fanden erstmals gezielte Bruterhebungen vor allem in ufernahen Fallopia-Beständen in Südwestsachsen statt. Nachdem bei der Beprobung im Juli 2017 acht Nester von Neuntöter Lanius collurio, Sumpfrohrsänger Acrocephalus palustris, Amsel Turdus merula und Goldammer Emberiza citrinella gefunden wurden, wurden die Knöterichbestände während der Brutsaison 2018 systematisch untersucht. Insgesamt konnten 116 aktive Nester aufgespürt werden, darunter erstmalig Diese Ergebnisse belegen eindrucksvoll die bisher nicht erkannte Bedeutung von Neophyten als Bruthabitat für einheimische Singvogelarten, was auf eine ökologische Nischenerweiterung hinweist. Insbesondere der Sumpfrohrsänger zeigt eine große Anpassungsfähigkeit bei der Wiederbesiedlung von Knöterichbeständen, die von vertikalen Strukturen dominiert werden. Neben der sehr flexiblen Amsel haben auch Vögel wie insbesondere der Sumpfrohrsänger zeigt eine große Anpassungsfähigkeit bei der Wiederbesiedlung von Knöterichballen. Neben der sehr flexiblen Amsel haben auch Vögel wie Mönchsgrasmücke, Gartengrasmücke, Goldammer und Neuntöter die neue Umgebung schnell als Bruthabitat genutzt. Es ist sogar davon auszugehen, dass der invasive Staudenknöterich eine Schlüsselstellung als Bruthabitat in den heute intensiv landwirtschaftlich genutzten und weitgehend dornenfreien Auen einnimmt. Übrigens zeigen die Brutvorkommen verschiedener Singvogelarten in den Knöterichbeständen in ihrem ostasiatischen Ursprungsgebiet sowie in einer invasiven Region in Kanada, dass diese Pflanzenpopulationen als Bruthabitat wichtig sind. Diese ersten Ergebnisse sind Grund genug für weitere umfangreiche Studien über die Vogelgemeinschaften von Fallopia-Beständen in Deutschland. Insbesondere Artenspektrum, Populationsdichte, räumliche und vertikale Verteilung, Bruterfolg und Verhaltensstudien, aber auch die mögliche Bedeutung als Durchzugs- und Rasthabitat sind zu klären. Die hier vorgestellten Ergebnisse fordern eine Änderung der nach wie vor intensiv geführten einseitigen Aufklärungskampagnen. Trotz der unbestrittenen Problematik, dass der Staudenknöterich die Struktur und das Arteninventar betroffener Ökosysteme verändern kann, spricht die erfolgreiche Ansiedlung einheimischer Vogelarten für eine angemessene Akzeptanz der gebietsfremden Pflanze. Vielleicht stellen sie sogar einen teilweisen Ersatz für andere Randstrukturen, die durch agrarindustrielle Intensivnutzung verloren gegangen sind. |
URL | https://www.zobodat.at/publikation_articles.php?id=439944 |
Die zur Wahrheit ziehen, ziehen allein. {nach Christian Morgenstern}