Vogelgemeinschaften in südecuadorianischen Bergregenwäldern unterschiedlicher Struktur

TitelVogelgemeinschaften in südecuadorianischen Bergregenwäldern unterschiedlicher Struktur
MedientypThesis
Jahr der Veröffentlichung2008
AutorenPaulsch, D.
StadtBayreuth
Art der Abschlussarbeitphd
SchlüsselwörterAnden, Andes, Bergregenwald, Biogeographie, biogeography, Birds, Ecuador, Ecuador {\ensuremath{<}}Süd{\ensuremath{>}}, mountain rainforest, Struktur-Aktivitäts-Beziehung, Vögel, Vogelgemeinschaften
Zusammenfassung

Im Rahmen der DFG-Forschergruppe 402 (Funktionalität in einem tropischen Bergregenwald Südecuadors: Diversität, dynamische Prozesse und Nutzungspotentiale unter ökosystemaren Gesichtspunkten) wurden die Vogelgemeinschaften verschiedener Strukturtypen des Bergregenwaldes im Gebiet der Estación Científica San Francisco (ECSF) im Süden Ecuadors untersucht. Durch Punkt-Stop-Beobachtungen, Netzfänge und Zufallsbeobachtungen wurden in einem Höhenbereich zwischen 1800m und 3150m N.N. die vorkommenden Vogelarten inventarisiert sowie Artenreichtum und Diversität der Vogelgemeinschaften der von PAULSCH, A. (2002) klassifizierten Waldstrukturtypen untersucht. Anschließend wurden funktionale Zusammenhänge zwischen dem Vorkommen ausgewählter Vogelarten und strukturellen Parametern der Vegetation näher betrachtet sowie Zusammensetzung und Diversität der Vogelgemeinschaften ungestörter und anthropogen beeinflusster Waldstrukturtypen vergleichend untersucht. Insgesamt konnten im Untersuchungsgebiet 227 Vogelarten nachgewiesen werden. Die wichtigsten Nahrungsgilden wurden durch die Insectivoren (100 Arten), Frugivoren (57) und Nectarivoren (35) gebildet, wobei mit 29 Arten eine gegenüber anderen Untersuchungen deutlich höhere Zahl an Kolibris (Trochilidae) anzutreffen war. Durch das azonale Vorkommen eines durch Purdiaea nutans (Cyrillaceae) geprägten Waldtyps wurde in der Höhenstufe zwischen 2150m und 2650m N.N. im Untersuchungsgebiet eine andere Vogelgemeinschaft angetroffen als in vergleichbaren Gebieten. Ein Vergleich der Vogelgemeinschaften der Waldstrukturtypen ergab die höchsten Mittelwerte des Artenreichtums im ‚Anthropogen beeinflussten Schluchtwald tieferer Lagen’ und am ‚Waldrand tieferer Lagen’. Mehr als ein Drittel der durch Punkt-Stop-Beobachtungen und Netzfänge nachgewiesenen Vogelarten kamen in einer Meereshöhe zwischen 1900m und 2000m N.N. vor. In diesem Bereich sind im Untersuchungsgebiet anthropogen beeinflusste Waldtypen sowie verschiedene Sukzessionsstadien anzutreffen, welche auch die beiden oben genannten Strukturtypen charakterisieren. Wie die Aufenthaltspräferenzen der Vogelarten zeigen, ist der hohe Artenreichtum in diesem Höhenbereich vor allem auf typische Waldrandarten und auf die Überlappung der Habitate von Waldarten mit denen der Arten offenerer Bereiche zurückzuführen. Für den anthropogen beeinflussten Schluchtwald und die Waldränder wurden mit 41,5 und 34 auch die höchsten Diversitätswerte (Fisher’s Alpha) berechnet. Die Abschätzung des potentiellen Artenreichtums (Chao1, ACE) ergab, dass in fast allen Waldstrukturtypen über 80% der Vogelarten nachgewiesen werden konnten. Die Ergebnisse der hier vorliegenden Untersuchung bestätigen somit die immense Artenvielfalt im Gebiet der ECSF, wie sie auch schon für andere Gruppen aus Fauna und Flora beschrieben wurde. Hinsichtlich der Habitatpräferenzen bzw. Höhenamplituden konnten für verschiedene Vogelarten Abweichungen gegenüber den Literaturangaben gefunden werden. Dies ist auf den noch immer recht geringen Kenntnisstand über die Avifauna der ecuadorianischen Bergregenwälder zurückzuführen. Für die Vogelarten verschiedener Familien konnten im Laufe der Untersuchung bestimmte Aufenthaltspräferenzen bezüglich Meereshöhe und Habitat gefunden werden, welche sich allerdings nicht mit strukturellen Vegetationsparametern begründen ließen. Es wurden aber auch 12 Vogelarten nachgewiesen, die als Kennarten für einen bestimmten Waldstrukturtyp gelten können. Für fünf dieser Arten konnten zudem funktionale Zusammenhänge zwischen ihrem Vorkommen im Untersuchungsgebiet und strukturellen Parametern der Vegetation im jeweiligen Waldstrukturtyp gefunden werden. Eine vergleichende Untersuchung der Vogelgemeinschaften entlang eines Gradienten menschlicher Einflussnahme (‚Primärer Schluchtwald tieferer Lagen’ - ‚Anthropogen beeinflusster Schluchtwald tieferer Lagen’ - ‚Reste von Schluchtwald tieferer Lagen’) zeigte den höchsten Artenreichtum und die größte Alpha-Diversität im anthropogen beeinflussten Schluchtwald. Die Anzahl typischer Waldarten nahm entlang des Gradienten ab, wogegen diejenige der typischen Waldrandarten bzw. Arten der halboffenen Habitate anstieg. Innerhalb der Nahrungsgilden zeigte sich eine Abnahme der Artenzahl entlang des Gradienten für die Insectivoren des Unterwuchses, die großen Frugivoren und die Omnivoren, während die Zahl der Granivoren zunahm. Die größte Zahl der Nectarivoren war, vermutlich aufgrund der großen Anzahl an Nahrungspflanzen, im anthropogen beeinflussten Schluchtwald anzutreffen. Vor allem der Rückgang typischer Waldarten unter zunehmendem anthropogenem Einfluss belegt die Wichtigkeit von Schutzmaßnahmen für große Flächen ungestörten Regenwaldes. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der extrem hohen Entwaldungsrate in den Bergregenwäldern Ecuadors und der gleichzeitig enorm hohen Biodiversität in diesen Gebieten, wie sie auch in dieser Untersuchung gezeigt werden konnte.

URLhttps://epub.uni-bayreuth.de/599/



'Es spielt keine Rolle, wie schön deine Theorie ist. Es spielt keine Rolle, wie klug du bist. Passt sie nicht zu den experimentellen Ergebnissen/Beobachtungen, dann ist sie falsch!'. {nach Richard Feynman, Nobelpreis für Physik 1965}