Luftatmende Fische

Quelle: Fachpublikationen
FAQ: 
ja

Wenn wir von luftatmenden Fischen sprechen, stellen wir uns dabei immer eine exotische Ausnahmeerscheinung unter den Fischen, wie sie ja jeder kennt als Stichling, Karpfen, Forelle, Lachs, Hering und was uns sonst noch im täglichen Leben und Erfahrungsbereich naheliegt.
Und jeder glaubt intuitiv zu wissen, dass man sich wie ein Fisch im Wasser wohl fühlt und an Land erbärmlich als Fisch erstickt.

Aber all diese Fische, auf denen wir über unsere Erfahrung dieses "Normalsein" für einen Fisch begründen - und übrigens auch die typischen "Aquarienfische" - stammen entwicklungsgeschichtlich von dem genau gegenteiligen Normalzustand ab, nämlich sie alle haben einen luftatmenden Vorfahren, also einen Vorfahren, welcher durchaus potentiell ertrinken konnte bzw. welcher in sauerstoffarmem Wasser leben konnte. Und dies war ein Fisch aus der Gruppe der Osteognathostomata mit einer primitiven Lunge. So gut wie alle "Aquarienfische" und auch die hier auf dieser Web-Site thematisierten Labyrinthfische Macropodus ocellatus stammen also von einem Fisch ab, welcher nicht alleine auf die Kiemenatmung angewiesen war, sondern ein spezialisiertes Organ zur Luftamung besaß.

Wie kam es dazu, dass uns nun diese Fische - nämlich die Strahlenflosser - wie das Urbild des Fisches im Wasser und der reinen Luft ausgesetzt erstickend als das normale und die Gruppen wie die Labyrinthfische, welche sogar auf Luft mehr oder weniger angewiesen sind als Ausnahme erscheinen?

Die Ursache liegt darin, dass die Vorfahren der Strahlenflosser nicht wie wir Homo sapiens bei dieser urtümlichen Funktion der Lunge stehen bleiben "wollten". Sie haben sich einen Nebeneffekt einer gasgefüllten Blase zunutze gemacht, nämlich den Auftrieb und so ein Organ zur Luftatmung, die Lunge, zu einem gasgefüllten Organ zur Auftriebsregelung genutzt sehr analog einem Heißluftballon.
Will man nun diesen gasgefüllten Sack zur differenzierten Auftriebsregelung verwenden, so widerspricht diese Funktion leider der zur Verwendung als Luftatmungsorgan, da der Füllungsgrad der Gasblase nun nach anderen Notwendigkeiten geregelt werden muss, als nach dem Gehalt an Sauerstoff.
Dieser Widerspruch in der Regelungsfunktion zusammen mit dem großen Konkurrenzvorteil der aus einem fein steuerbaren Schwebeorgan für die Navigation im Wasser resultiert führte dazu, dass diese erfindungsreiche Wirbeltiergruppe, die Strahlenflosser, die Fähigkeit zur Luftatmung mittels einer Lunge vollständig aufgab zu gunsten einer weiterentwickelten Gasblase von einer primitiven Lunge zu einem feinsteuerbaren Schwebeorgan, der Schwimmblase, die man richtigerweise daher eher Schwebeblase nennen müsste.
Damit war also die ehemalige Lunge zur Schwimmblase (Schwebeblase) geworden unwiderruflich nicht mehr in den Dienst der Luftatmung stellbar.

Die Strahlenflosser ("modernen" Fische) sind somit die Schwestergruppe der Fische (Fleischflosser), welche irgendwann auf Land gezogen sind und die urtümliche Funktion dieser Gasblase als Lunge beibehalten haben, während sie, die erfinderischen Strahlenflosser, diese weiterentwickelten zu Schwimmblasen (natürlich gilt dies nicht für alle Strahlenflosser. Unter angehörigen der ursprünglicheren Strahlenflosser ist die Lunge durchaus noch weiter als Atmungsorgan in Gebrauch, z.B. Umbra). Ein amüsanter Zusammenhang Wink.

Da nun aber die Funktion Luftatmung, die, wie wir gesehen haben, ja schon vor mehr als 440 Mil. Jahren als eine hilfreiche Funktion entdeckt und genutzt wurde, in den letzten 400 Mil. Jahren nichts von ihrer selektiven Nützlichkeit eingebüßt hat, die bewährte Lunge den Strahlenflossern (übrigens weil die die FLossenglieder bewegende Muskulatur im Rumpf statt in den Flossen wie bei den Fleischflossern - also uns Wink - angesiedelt ist) wie oben dargestellt aber nicht mehr zur Verfügung stand haben alle Untergruppen der Strahlenflosser, die eine spezialisierte weiterreichende Luftatmung brauchen konnten und entsprechend wieder neu entwickelt haben, neue und unterschiedliche spezialisierte Organe zur Luftatmung entwickelt.
Und außer den Labyrinthfischen fanden die Luftatmung noch Mitglieder z.B. folgender unvollständiger Liste von Gruppen hilfreich:
Flösselhechte, Knochenhechte, Schlammfische, Knochenzüngler, Tarpunförmige, Welsartige, Messeraalartige, Lachsartige, Schildbäuche, eierlegende Zahnkarpfen, asiatische Bachlinge, Groppen, Schlangenkopffische, Kiemenschlitzaale, Meergrundeln, Haarschleimfische, und noch mehr...

Die explizite Luftatmung ist also eine durchaus weit verbreitete und also wohl entsprechend hilfreiche Errungenschaft unter den Fischen, selbst im Salzwasser.

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