Quelle: Pers. Beobachtung bzw. Erfahrung

Beobachtung im Teich

HeiterLeichter Regen
TW: 3°C - 3°C
OW: 3cm Eis - 2cm Eis
Siehe Teichprotokoll

Junger Rundschwanzmakropode (Macropodus ocellatus) unter Eis aktiv

Situation im Teich:
Die letzten 3 Tage mit Tauwetter haben die Eisplatte auf dem Teich von 5cm auf 3cm zusammenschmilzen lassen.
Das Tauwasser sammelt sich in Pfützen auf der Eisplatte.
Überall, wo das Eis feste Strukturen berührt die nicht mehr von einer Schneedecke isoliert sind, wie an aus dem Wasser ragenden Pflanzenstengeln ist ein ca 0.5cm breiter Rand vollkommen eisfrei.
Ansonsten aber ist der Teich nach wie vor mit einer massiven Platte aus Eis abgedeckt.

Im "Schaufensterbereich", also vor dem Gatter und im Gatter, wo ich vor den intensiven Schneefällen die Eisplatte mit heiße Wasser durchsichtig poliert hatte, ist die obere undurchsichtige Eisschicht aus eingefrorenen Schneeflocken weggetaut, so dass mein Schaufenster wieder halbwegs durchsichtig ist und Einblick in dem Geschehen unter Eis in diesem rund 1m² flächigen Bereich gibt.

Außer den üblichen Stichlingen und den inzwischen zum Normalzustand gewordenen zwischen den Riesenvalisnerien unten im Teich rumkrakselnden Fröschen (Ja, ich sehe sie eigentlich, wenn mein Schaufenster halbwegs durchsichtig ist verlässlich rumkrakseln) war aber nie etwas zu bemerken.
Von den Rundschwanzmakropoden hatte ich zuletzt am 28.11.10 etwas gesehen.
Seit der Schnee den Teich aber in die Dunkelheit versetzt hatte, tauchte nie wieder einer in meinem Schaufenster auf - soweit es überhaupt mangels Schnee nutzbar war.

Heute nun, um 15:00h,
dachte ich, ich gehe mal raus an den Teich und schaue aus der Nähe, ob ich evtl. die krakselnden Frösche durch's Schaufenster in den Riesenvalisnerien zählen kann. Und da sehe ich da im Gatterbereich unter dem Eis ein kleines gekrümmtes braunes Blatt.
Und weil es aussah, als könne es ein junger Rundschwanzmakropode von ca 2cm SL sein, beuge ich mich näher ran, um festzustellen, ob etwa tatsächlich einer im Eis eingefroren ist.

Und...
tatsächlich,
aus der Nähe gesehen ist es ein junger, gleichmäßig dunkel brauner Rundschwanzmakropode von ca. 2cm bis 2.5cm SL direkt unter dem Eis, aber nicht eingefroren, denn er macht sofort einen 15cm weiten Satz, um meiner neugierigen Nase auszuweichen!
Die schwanzflossengetriebene Fluchtbewegung war mit großräumiger Wellenbewegung, also durch das kalte Wasser sichtlich behindert aber nicht unkoordiniert. Die ruhigen Bewegungen waren normal.
Er trieb sich da direkt unter dem Eis rum. Verzog sich dann wegen meiner Fotografieraktivitäten ans Gatter in Deckung (die Gattermaschen kann er durchschwimmen).

Nach einigen Fotos und nachdem er sich dann vor mir ganz in die Unsichtbarkeit verzogen hatte, habe ich die Wassertemperatur in der Schicht gemessen, in der er sich aufhielt (kleines Loch gemacht):
0°C (wie natürlich direkt unter dem Eis auch nicht anders zu erwarten).

Kribbelig und gespannt geworden, hab' ich mich dann ins Haus verzogen und versucht mit dem Fernglas im Schaufensterbereich evtl. auch was von adulten zu sehen. Trotz großer Geduld aber außer Stichlingen und Froschaktivität keinen adulten sehen können.
Ich vermute die vom vielen Schnee im Teich verursachte Dunkelheit hat sie in den Schlaf geschickt.
Und das von den zwei, drei Tagen Tauwetter durchsichtig gemachte Schaufenster und dadurch eindringende Licht reicht nicht, sie zum "Aufsteh'n" zu bewegen.
Jungfische nutzen auch im Sommer mehr Schlechtwetterphasen aus als die Adulten. So denke ich, dass dieser Jungfisch im Bereich des durch das Schaufenster einfallenden Lichtes geruht hatte und hoch gekommen ist, um die wenigen Sonnenstrahlen des Tages ein wenig zum Sonnen unter Eis zu nutzen. Auch wenn er in 0°C kaltem Wasser stand, so dürfte sein dunkelbrauner Körper doch ein wenig der Wärme, die durch das Eis einstrahlte gesammelt haben.

Wesentlich aber daran:
Ein ca. 2cm bis 2.5cm großer junger Rundschwanzmakropode ist unter einer seit 27 Tagen kontinuierlich geschlossenen Eisdecke in 0°C kaltem Wasser aktiv zu sehen. Er zeigte dabei keinerlei Aktivität, die darauf hindeutete, dass es ihm "wichtig wäre" irgendeinen freien Zugang zur Luft zu finden.
Er schien sich nur in den wenigen Sonnenstrahlen durch das durchsichtig gewordene Eis sonnen zu wollen.
Da er vermutlich vorher, wie wohl die anderen auch, irgendwo verankert geschlafen hatte, zeigt er damit, dass - zumindest junge - Rundschwanzmakropoden den Winter unter Eis nicht passiv verschlafen müssen, sondern, je nach Wetterlage (Sonneneinstrahlung) diesen Schlaf - wie auch außerhalb des Winters - unterbrechen können, um sich z.B. einfach ein wenig zu sonnen. Dass dabei der Stoffwechsel nicht in einem deutlich reduzierten Modus fahren kann, um z.B. den Sauerstoffbedarf zu reduzieren scheint nicht's auszumachen. Der erhöhte Sauerstoffgehalt des kalten Wassers zusammen mit dem der Temperatur gemäßen Reduktion des Stoffwechsels auch im aktiven Zustand ist offensichtlich selbst bei reiner Kiemenatmung vollkommen ausreichend.

Quelle: Perönliche Interpretation bzw. Meinungsäußerung
Also kurz:

  • Rundschwanzmakropoden können selbst mitten im Winter unter einer schon lange herrschenden Eisabdeckung nach Bedarf (Sonnen, und möglicherweise andere Bedürfnisse?) aufwachen und aktiv sein
  • Rundschwanzmakropoden benötigen unter einer schon lange anhaltenden Eisabdeckung keinen direkten Zugang zur Luft, um aktiv zu sein (Natürlich immer vorausgesetzt es herrschen für die Temperatur normale Sauerstoffverhältnisse im Wasser!)
  • Für länger andauernde Schlafperioden im Winter unter Eis ist die allgemeine Notwendigkeit zur Luftatmung bei Rundschwanzmakropoden eine extrem unplausible bis unbrauchbare Begründung
  • Am Abend im Taschnelampenlicht

    Finde ich ihn wieder. Er hält sich immer noch oben in der 0°C-Wasserzone auf!
    Als ich ihm zu lästig werde, gleitet er ruhig brustflossengetrieben aus dem Taschenlampenlichtkegel weg unter das diffus undurchsichtige Eis.
    Wenn er allerdings jetzt im Dunkeln immer noch da ober rumhängt, dann war sein Bedürfnis wohl doch nicht primär sich zu "sonnen". Dann sollte er jetzt doch wieder nach unten in die 3°C-, also wärmere Zone abgetaucht sein. Hm...

    Die Bilder

    Sind zwar schwer zu erkennen auf den Bildern und ohne Bewegung aber immerhin.

    Er hat eine eingekerbte Schwanzflosse so als sei ihm ein Stück herausgebissen worden. Da den Winter über kein nennenswertes Wachstum stattfindet, gehe ich davon aus, dass ich ihn im Frühjahr an dieser Einkerbung wiedererkennen sollte, falls er da noch existiert. Auch im Letzten Winter ist so ein kleiner mit eingekerbter Schwanzflosse in den Winter gegangen und im Frühjahr konnte ich ihn wiedererkennen.
    Hier versucht er sich vor mir am Gattergitter zu verstecken.



    Die zur Wahrheit ziehen, ziehen allein. {nach Christian Morgenstern}